Saatgut als Gemeingut ermöglicht Vielfalt und Selbstbestimmung. Wir finanzieren die Züchtung einer freien Roggensorte – und das ist erst der Anfang. | 4. Mai 2022 | von Bella
Für viele von uns ist klar, dass Nutzpflanzenvielfalt der Schlüssel zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel ist, und somit existenziell, um unsere Ernährung langfristig sicherzustellen. Vielfalt fördern – dazu gehört das Bewahren und Schützen von alten Sorten, aber auch das Züchten von neuen Varianten, die zum Beispiel besser mit Umweltveränderungen zurechtkommen. Im Öko-Bereich gibt es viele Züchterinnen und Züchter, die bei ihrer Arbeit auf vielfältige und robuste Sorten setzten. Doch von der ersten Kreuzung bis zur fertigen Sorte vergehen oft viele Jahre, und gerade für kleine Betriebe wird die Planung oft dadurch erschwert, dass die Finanzierung durch Spenden oder Fördergelder immer nur für einen Teil des Zuchtprogramms reicht.
Genetische Vielfalt – eine Frage des Geldes?
Bei OpenSourceSeeds beschäftigen wir uns schon lange mit der Frage, wie die Gesellschaft niedrigschwellig zur Finanzierung neuer freier Sorten beitragen kann [1]. Wir konnten bereits zeigen, dass viele Menschen durchaus bereit sind, die ökologische Züchtung aktiv zu unterstützen. So gaben in einer Umfrage 92 % der Befragten an, dass sie im Laden einen Aufpreis bezahlen würden, wenn dadurch neue Sorten finanziert werden können – die dann als Gemeingut für alle nutzbar sind.
Hapert es am Ende also nur an der Umsetzung?
Vor wenigen Monaten kam uns der Gedanke, erstmals zu versuchen, eine freie Sorte über eine Crowdfunding-Kampagne zu finanzieren. Als wir dies den Züchterinnen und Züchtern vom Dottenfelderhof vortrugen, waren sie begeistert von der Idee, zu versuchen, ihre Züchtung mit Hilfe einer großen Gruppe von Interessierten zu finanzieren und gleichzeitig das Bewusstsein für die Bedeutung der Pflanzenzüchtung zu stärken [2]. Sie hatten auch gleich die passende Pflanze parat: Einen Roggen. Und das war ein richtiger Glücksfall.
Mehr Vielfalt für's Brotprojekt
Immer wieder hatten Bäckerinnen und Bäcker aus unserem Projekt »Ein Brot für freies Saatgut« diesen Wunsch an uns herangetragen: »Wir arbeiten seit Jahren mit dem Open-Source-Weizen Convento C; können wir nicht auch einen freien Roggen bekommen?«
Tatsächlich ist Convento C, der mit der von uns entwickelten Open-Source-Lizenz für Saatgut dauerhaft als Gemeingut geschützt ist, inzwischen schon fast ein alter Hut – im positiven Sinne. Als erstes Open-Source-Getreide mit hervorragenden Backeigenschaften bildete er von Anfang an das Herzstück des Projekts »Ein Brot für freies Saatgut«, welches 2019 von OpenSourceSeeds ins Leben gerufen wurde. Im Laufe der Jahre sind immer mehr Bäckereien dazu gekommen. Auch im Rheinland wird demnächst in Zusammenarbeit mit dem Ernährungsrat Köln und Umgebung das erste open-source Brot gebacken [3]. Mit einem Open-Source-Roggen könnten die Bäckereien ihr Angebot erweitern.
Mit unserer Kampagne »Ein Roggen, der uns allen gehört« sammeln wir ab dem 3. Mai über die Plattform Startnext einen Monat lang Spenden, um erstmalig eine Open-Source-Sorte gemeinsam mit vielen Menschen zu finanzieren. Dafür brauchen wir jede Unterstützung. Werde jetzt Teil der Bewegung für einen neuen, Gemeingüter-basierten Saatgutsektor mit zahlreichen vielfältigen Sorten und investiere damit direkt in die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft. Gemeinsam können wir zeigen, wie viele Menschen sich aktiv für Nutzpflanzenvielfalt einsetzen wollen.
Unterstütze jetzt den neuen Roggen mit wenigen Klicks direkt auf der Kampagnenseite. Es hilft uns auch enorm, wenn du anderen von der Aktion erzählst: Sag Freund*innen und Familie Bescheid und teile gern den Link zur Kampagne und zum Video über Mail, Social Media oder Messenger. Wenn viele Einzelne wie du mitmachen, wird der »Roggen, der uns allen gehört«, im Handumdrehen zur Realität.
Vielen Dank!
Weitere Artikel zum Thema
»Open Source: Eine neue Verbindung von Saatgut und Brot«
»In der Schweiz machen vier Sorten 80 % des Kartoffelmarkts aus – das muss sich ändern!«
»Ein Brot für freies Saatgut« – was bisher geschah
»Durchbruch bei der Liberalisierung des Saatgutmarktes – neue Regeln, neue Chancen«
Links
[1] Quelle: »Financing Organic Plant Breeding—New Economic Models for Seed as a Commons« (Sustainability, 2022)
[2] Website Landbauschule und Züchtungsbetrieb Dottenfelderhof